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HR im Wandel: 1996 bis heute – die Erfahrungen von Kathrin Dennler bei thyssenkrupp

10. Januar 2019

Kathrin Dennler, seit 2015 Head of Sourcing & Recruiting bei der thyssenkrupp AG, wird auf unserem Strategiegipfel Personal:digital im Februar zum Thema „Globale Neuausrichtung des Recruitings bei thyssenkrupp“ sprechen.

Nach dem Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften mit einem zweiten juristischen Examen, übernahm Frau Dennler ab 1996 Aufgaben im HR-Bereich der thyssenkrupp AG. Seit 2017 ist sie im Zuge der HR Transformation für das neue Global Functional Team Sourcing & Recruiting verantwortlich. Wir haben mit Frau Dennler über ihre wichtigsten Projekte und die Bedeutung der Digitalisierung im HR-Bereich gesprochen.

PN: So gut wie jeder kennt das Unternehmen thyssenkrupp. Die meisten wissen jedoch nicht, dass thyssenkrupp nicht nur Aufzüge produziert. Können Sie uns einen kurzen Einblick in die Produktpalette von thyssenkrupp geben?

KD: Wir sind in vier Geschäftsfeldern aktiv, in 80 Ländern vertreten und bieten allein in der Ausbildung in Deutschland über 50 Berufsbilder an.
Das Gleiche gilt für unser Produktportfolio: Bei Components Technology entwickeln wir Hochleistungskomponenten für Kunden aus Automobil-, Baumaschinen-, Wind- und Maschinenbauindustrie auf der ganzen Welt. Im Bereich Elevator Technology werden innovative Lösungen zur Personenbeförderung bereitgestellt. Hier entwickeln, installieren und warten wir weltweit Aufzüge, Fahrtreppen, Fluggastbrücken und Treppenlifte. Mit Industrial Solutions sind wir führender Partner für Planung, Bau und Service rund um industrielle Anlagen. Das reicht von Chemie- über Raffinerie- bis zu Zementanlagen und Tagebau. Bei Materials Services kümmern wir uns um alles von der Beratung über das Qualitätsmanagement bis hin zu individuellen Supply-Chain-Lösungen für Kunden aus dem Werk- und Rohstoffhandel in 40 Ländern.

PN: Welche Werte in Bezug auf das Arbeiten, aber vor allem auf das Personal sind wichtig bei thyssenkrupp?

KD: In unserem Leitbild sind Werte wie Arbeitssicherheit, Offenheit, gegenseitige Wertschätzung und Ehrlichkeit fest verankert. Aber genauso Leistungsfähigkeit, dass wir zu den Besten gehören wollen und dabei trotzdem nachhaltig agieren. Das klingt jetzt allgemein. Entscheidend ist, wie sich das im Alltag zeigt.
Ein Beispiel: Wenn wir das „together“ betonen, also fest davon überzeugt sind, dass wir gemeinsam bessere Ergebnisse erzielen, dann muss ich das täglich leben. Beim Bau unserer globalen Recruiting-Organisation hieß das ganz konkret: Wir haben uns nicht zentral Prozesse ausgedacht und die ausgerollt, sondern wir haben sie im Geschäft mit den HR-Kolleginnen und Kollegen erarbeitet, vor Ort verprobt und wo notwendig auch angepasst. Genauso haben wir beim Aufbau des zentralen KPI-Dashboards nicht jedem alles vorgegeben, sondern sind darauf eingegangen, welche Spezifikationen die Märkte, Zielgruppen und auch Kulturen mit sich bringen. Das kostet Zeit und manchmal auch Nerven, aber das Ergebnis ist besser und die gesamte Mannschaft steht dahinter.

PN: Welche Ihrer Projekte waren die wichtigsten für thyssenkrupp und warum?

KD: In den vergangenen Jahren haben wir einen starken Wandel durchlebt – nicht nur strukturell sondern auch kulturell. Das Business selbst verändert sich und damit auch unsere Rolle als HR, weil wir uns als strategischer Partner sehen. HR treibt den Wandel mit voran.
In diesem Kontext des Wandels gab es viele wichtige Projekte. Ich habe zum Beispiel an der Neuausrichtung der betrieblichen Altersversorgung, der Einführung von neuen Vergütungssystemen für die Führungsebenen, dem Aufbau einer Personalentwicklung und eines Kompetenzcenters für Auslandsentsendungen mitgewirkt sowie die erste globale Mitarbeiterbefragung aufgesetzt. Wichtige, das Personalgeschäft prägende Projekte gab es natürlich noch zahlreiche andere – zum Beispiel die Einführung eines globalen Grading-Systems und eines durchgängigen Development-Systems für Führungskräfte verbunden mit dem Start der thyssenkrupp Academy.
Das wichtigste Projekt der letzten Jahre war und ist die globale HR-Transformation, mit der wir geschäftsübergreifend HR-Rollen und Systeme effizienter und zukunftsfähig aufstellen. Als Teil dieses großen Transformationsprojektes habe ich in den großen Recruitingmärkten China, Deutschland und USA seit 2017 eine neue globale Recruitingorganisation aufgebaut.

PN: Das Projekt der globalen Mitarbeiterbefragung: Wie haben Sie alle Mitarbeiter erreicht und animiert mitzumachen?

KD: Eine wichtige Voraussetzung für dieses Projekt war, dass es von Anfang an “high management attention” bis CEO-Level hatte. Führungskräfte pflegten im Rahmen von regelmäßigen Calls eine direkte Kommunikation mit dem Vorstand. So etwas unterstreicht natürlich auch die Relevanz des Themas bei allen Mitarbeitern. Für den Prozess war zudem wichtig, dass stets Zusammenhänge zwischen Maßnahmen aus der vorherigen Mitarbeiterbefragung und den sich daraus ergebenden Verbesserungen aufgezeigt wurden. Über eine ganzheitliche interne Werbekampagne, die über diverse analoge und digitale Kanäle kommuniziert wurde, sind Mitarbeiter für die Teilnahme zusätzlich motiviert worden. Mit über 75 Prozent Beteiligung der Mitarbeiter ein wirklich erfolgreiches Projekt.

PN: Wie genau sieht Ihr Projekt der globalen Neuausrichtung und der Umsetzung der Digitalisierung aus?

KD: Die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft beschäftigt natürlich alle Bereiche bei thyssenkrupp.
Für HR werden wir für uns beantworten müssen, wie man in einer immer komplexeren und unübersichtlicheren Welt ein agiles und trotzdem nachhaltiges Führungsmodell entwickeln kann. Flachere Hierarchien und die Tatsache, dass Führungskraft und Mitarbeiter – auch durch virtuelle Modelle der Zusammenarbeit – weniger gemeinsame „face time“ haben, wird dazu führen, dass eine weniger kontrollierende sondern werte- und vertrauensorientierte Führung gefragt ist.

Konkret für das Recruiting bedeutet Digitalisierung unter anderem: Neue Jobprofile. Deshalb müssen wir extrem nah am Geschäft sein. Nur so können wir bei HR verstehen, welche digitalen Kompetenzen und Profile der Fachbereich braucht. Wir lernen ständig neue Jobprofile mit einem neuen Arbeitsalltag kennen. Als Konzern müssen wir begreifen, dass wir manche digitalen Profile aufgrund des Arbeitsmarktes nicht unmittelbar eins zu eins besetzen können. Da brauchen wir andere Maßnahmen wie ein Konzernprogramm für IT-Trainees.
Ein zweiter Punkt ist die Digitalisierung in der Kandidatenansprache. Das reicht von eher einfach umzusetzenden virtuellen Career Events bis hin zu ausgetüfteltem Programmatic Advertising, bei dem wir tief targetieren, um auch passive Kandidaten anzusprechen. Insbesondere im chinesischen Markt sehen wir hier schnelle Entwicklungen. Wenn der gesamte Tagesablauf einer ganzen Nation in einer Mega-App wie WeChat abgebildet ist, müssen wir dort auch mit dem Recruiting agieren.

PN: Was für Chancen und Möglichkeiten bringt KI Ihrer Meinung nach allgemein für den Personalbereich mit? Was sind Herausforderungen, die damit einhergehen?

KD: KI verstehe ich klar als Teil der Herausforderung im Zuge einer sich digitalisierenden Gesellschaft. Ich glaube, da finden wir gerade im HR-Bereich auch noch eine sehr grüne Wiese vor – aber wir arbeiten hier bereits an Produkten und Services, die das Bewerbermanagement klar verbessern werden. Wir sehen KI durchaus als Chance, noch besser zu werden.
Fest steht jetzt schon: Ohne die Unterstützung durch KI und andere digitale Tools würde eine westlich geprägte Software für das Bewerbermanagement in einem Markt wie China nicht funktionieren.
Wir müssen also auch eingestehen: Andere Regionen auf dieser Welt sind da schon deutlich weiter als Deutschland.

PN: Steht bereits ein nächstes großes Projekt in den Startlöchern? Wenn ja, welches?

KD: Wie Sie sicher mitbekommen haben, plant thyssenkrupp die Teilung des Konzerns in zwei deutlich fokussiertere und leistungsfähigere Unternehmen. Die Industriegüter- und die Werkstoffgeschäfte sollen künftig jeweils als eigenständige, börsennotierte Gesellschaften mit direktem Kapitalmarktzugang geführt werden. Der Vorstand ist überzeugt, dass sich die Geschäfte in dieser Neuaufstellung besser entwickeln und auf ihre Stärken konzentrieren können.
Dieses Vorhaben wird sich auch inhaltlich und strukturell massiv auf unsere HR-Organisation auswirken. In welchem Ausmaß und mit welchem zeitlichen Horizont, kann ich aktuell noch nicht genau beurteilen.

PN: Was genau sind, allgemein zusammengefasst, Ihre Aufgabenfelder als Head of Sourcing & Recruiting?

KD: Als Head of Sourcing & Recruiting trage ich zusammengefasst die globale Verantwortung für das Anwerben des bestmöglichen Personals – in einem Markt, in dem die Konkurrenz dort wächst, wo thyssenkrupp seine wichtigsten Fachkräfte sucht: im Engineering und in der IT.
Daher verantworte ich in meinem Bereich neben der Recruiting-Strategie und dem deutschen Konzernarbeitsmarkt unter anderem auch das Employer Branding – denn hier werden die Weichen dafür gestellt, wie thyssenkrupp als Arbeitgebermarke außen wahrgenommen wird.

PN: Wie sieht die Struktur bei thyssenkrupp aus? Sind Sie zuständig für alle Personalbereiche weltweit? Oder gibt es in jeder Niederlassung einen anderen Head of Sourcing & Recruiting?

KD: Wir arbeiten in einem globalen Recruiting-Team, das ich seit Oktober 2017 leite, und das gezielt für unsere Kernmärkte China, USA und Deutschland rekrutiert. In den jeweiligen Regionen gibt es zudem Regional Heads Sourcing & Recruiting, die ihre lokalen Märkte betreuen, global aber an mich berichten.
Nach einem Jahr können wir sagen, dass wir so schneller und effizienter rekrutieren können. Zudem haben wir die Chance, eine global einheitliche und starke Arbeitgebermarke zu etablieren.

PN: Haben Sie ein festes Team, mit dem Sie Projekte gemeinsam bearbeiten oder wechselt das von Projekt zu Projekt?
Wenn ja, wie sieht die gemeinsame Zusammenarbeit aus?

KD: Es gibt ein festes Team von Recruiting-, Sourcing- und Employer Branding-Experten, das Projekte global und in den jeweiligen Regionen bearbeitet. Allerdings arbeiten wir sehr cross-funktional und im Netzwerk. Das heißt, je nachdem für welchen Geschäftsbereich wir gerade in welcher Region rekrutieren, stellen sich zeitlich begrenzt Projektteams auf, die dafür sorgen, dass das Business lokal optimal unterstützt wird. Auch das nochmal ein schönes „together“-Beispiel, das zeigt, dass Vielfalt uns stark macht und dass ein kluges Team immer besser ist, als ein einzelnes Genie.

Am 20. & 21. Februar in Berlin erhalten Sie tiefere Einblicke in die Recruitingstratagie von thyssenkrupp sowie die Möglichkeit sich persönlich mit Kathrin Dennler zu unterhalten.
Das komplette Eventprogramm mit allen Sprechern und Themen finden Sie auf unserer »Eventseite

Vielen Dank für das Interview, Frau Dennler!