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B2B Vertrieb im digitalen Zeitalter: CSO Heinz-Georg Geissler (Afag) im Gespräch

7. Oktober 2019

Als CSO ist Heinz-Georg Geissler verantwortlich für den gesamten Sales-Bereich der Afag-Gruppe sowie für den internationalen Ausbau der Vertriebsstrukturen und die digitale Transformation der Bereiche Marketing und Vertrieb. Er bringt jahrelange Erfahrung im internationalen Vertrieb und in der Führung im B2B-Bereich mit und engagiert sich zudem als Fachgruppenleiter im Bundesverband der Vertriebsmanager. Wir haben uns mit ihm zu aktuellen Themen und Trends im Vertrieb unterhalten und um eine Einschätzung gebeten.


PN: Können Sie kurz etwas über sich und Ihren Werdegang erzählen?

HGG: Meine Passion für den Vertrieb habe ich als Elektrotechniker mit zehn Jahren Berufserfahrung in der Automatisierung bei SCHOTT Glas erkannt und umgehend in den Fokus gesetzt. Es ging dann über ein Start-Up von SCHOTT in die Vertriebsleitung von High Tech Laseranlagen für die japanische Displayfertigung. Nach der Übernahme des japanischen Marktführers im Segment durfte ich die aufregende Erfahrung machen, an der Entwicklung des IPhones erster Generation etwas mitzuwirken. Mit dieser Sandwicherfahrung habe ich dann für sechs Jahre zur Jenoptik AG in die weltweite Vertriebsverantwortung für Laseranlagen mit Schwerpunkt Automotive- und Solarmarkt gewechselt. Nach einem kurzen Intermezzo bei einem familiengeführten Unternehmen im Bereich Schwingungsisolation bin ich nach einer äußerst aufregenden Jobsuche seit Januar 2018 für den Verkauf der Schweizer Afag-Gruppe verantwortlich.

Privat habe ich zwei Töchter, die zur Zeit studieren, ich wandere sehr gerne in den Bergen und (bin) leide(nschaftlich) mit Mainz05. Ehrenamtlich engagiere ich mich bei www.dievertriebsmanager.de (ein echt cooler Haufen!), was eine exzellente Brücke zu meinem Job bildet.

PN: Was beinhaltet Ihre Position bei der Afag?

HGG: Die Schwerpunkte sind innerhalb unserer Matrixstruktur neben der operativen Geschäftsentwicklung der internationale Ausbau der Vertriebsstrukturen und die Transformation des Vertriebs und Marketings auf dem Weg in das digitale Zeitalter.

PN: Hat sich das Profil des Vertrieblers im Zuge der Digitalisierung verändert?

HGG: Für das B2B-Segment sage ich, dass die bestehenden Profile gerade stark dabei sind, sich zu verändern, teilweise neue Profile entstehen und die große Herausforderung dabei für jeden Vertriebschef wohl ist, dies mit optimalem Tempo entsprechend sowohl nützlich als auch verträglich für alle Beteiligten zu gestalten. Hier spielen die Weiterbildung und das Coaching natürlich auch eine wichtige Rolle. Das „aggressive Warten am Telefon“ (auf den Kunden) von vereinzelten unserer Zunft stirbt langsam aus.

PN:  Man spricht immer vom positiven Nutzen der Digitalisierung – sehen Sie auch Negativaspekte für den Vertriebsbereich?  

HGG: Ich würde diese lieber als Herausforderungen bezeichnen – die Transparenz im Vertrieb nimmt enorm zu, was für manch einen „alten Hasen“ in Kombination mit dem Trend hin zum Teamevent stark gewöhnungsbedürftig ist. Auch ist die Digitalisierungsgeschwindigkeit sehr hoch und verzeiht keine Fehler bei strategischen Grundsatzentscheidungen.

PN: Sind Marketing und Vertrieb im Zuge der Digitalisierung näher zusammengewachsen?

HGG: Ich empfinde dies eindeutig so, da sie über die gesamte digitale „Customer Journey“ mit ihrer Vernetzung, Transparenz und Geschwindigkeit gesehen ein Kästchendenken künftig nicht mehr zulässt. 

PN: Nicht selten empfinden Vertriebler das Marketing als Konkurrenz. Haben Sie damit Erfahrungen gemacht? Helfen die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung dabei, diese vermeintlichen Grenzen zu überwinden?

HGG: Ich habe das vor allem bemerkt, wenn die Ziele der beiden Disziplinen nicht aufeinander abgestimmt waren und der Teamspirit gefehlt hat. Da die Datenmenge und Qualität von Kunden- und Marktpotentialen im Rahmen der Digitalisierung tendenziell immer weiter zunehmen, kann dies als Hilfestellung bei der Zusammenarbeit durchaus dienen. Der Prozess der Kundengewinnung und -bindung funktioniert am besten, wenn von der ersten Marktstudie bis hin zum Wiederkauf Vertriebler und Marketingexperten Hand in Hand arbeiten. Das hat natürlich einen direkten Link zu den Intensivierungsmodellen der Unternehmen, die wohl mehrheitlich auf den Prüfstand sollten.

PN: Haben sich die Käufer, ihre Erwartungen und das Kaufverhalten im B2B verändert in den letzten Jahren?

HGG: Spürbar ist, dass sich die Kunden weniger Zeit für Messe- und traditionelle Lieferantenbesuche nehmen. Ein sich abzeichnender Trend ist die vernetzte strategische Zusammenarbeit von Kunden und Schlüssellieferanten. Dadurch werden die Chancen der Innovationskraft und Steigerung der Entwicklungsgeschwindigkeit deutlich höher bewertet als marginale Preisunterschiede von vergleichbaren Zukaufprodukten.

PN: Welche Effekte hat die Digitalisierung auf die Bestandskundenpflege?

HGG: Sie bietet den Lieferanten einerseits sehr gute Analysemöglichkeiten über ihre Kundenlandschaft und eröffnet andererseits eben neue Möglichkeiten zur Zusammenarbeit. Stichpunkte sind hier der „digitale Zwilling“ und die frühere und tiefere Einbeziehung von Lieferanten in die Konstruktionsphasen der Kunden. Auch der Service kann durch den Einsatz neuer (Analyse-) Werkzeuge noch mehr zur Kundenbindung beitragen.

PN: Man hört es oft: Ein Großteil des Einkaufsprozesses im B2B-Geschäft ist bereits gelaufen, wenn die Entscheider erstmals mit einem Vertriebsmitarbeiter in Kontakt treten. Würden Sie dem zustimmen? Wenn ja, was bedeutet das für die den Vertriebler und die Vertriebsprozesse?  

HGG: Heute treffen bereits meistens Teams auf Kundenseite die Entscheidungen und Einzelpersonen rücken in den Hintergrund. Diese Klaviatur sollten Vertriebler verstehen und beherrschen lernen, das heißt, auf Lieferantenseite ist der einzelne Vertriebler als Einzelkämpfer nicht mehr wirksam und er wird umso wertvoller, wenn er fähig ist, ein internes Team entlang der Prozesse zu orchestrieren. Auch hier wird der Erfolg nur mit einer sinnvollen Anpassung der (Team-)Incentivierung maximal.

PN: Können Sie einen kurzen Einblick in Ihre aktuellen Projekte geben?

HGG: Gerne – wir arbeiten zum Beispiel gerade mit Hochdruck daran, unseren Produktkonfigurator an den Start zu bringen. Unsere Kunden werden bald die Möglichkeit haben, selbstständig und mit wenigen Angaben im Handumdrehen passende Systemlösungen digital von uns zu erhalten, diese in ihre Konstruktionen einzufügen und das passende Angebot parallel gleich mit zu erhalten. Gleichzeitig arbeiten wir an den intelligenten Komponenten der Zukunft, unter anderem in einem Team von Herstellern unter dem Schirm des VDMA – an einer herstellerneutralen Automationsplattform. Diese wird die deutsche Industrie im internationalen Technologiewettbewerb aus unserer Sicht weiter stärken – ein sehr spannendes Projekt.


Heinz-Georg-Geissler übernimmt an der Seite von Dr. Johannes Habel (Warwick Business School) Vorsitz und Moderation unseres Strategiegipfels B2B Vertrieb & Key Account Management im November. Der Themenbereich Digitalisierung & Transformation des B2B-Vertriebs spielt im Rahmen unseres diesjährigen Gipfels eine wesentliche Rolle und wird auch in einer Podiumsdiskussion unter der Leitung der Moderatoren auf die Bühne gebracht.

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